Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) Drucks. 19/4656

Berlin, 07. Juli 2017. Das Land Niedersachsen ist ein Urlaubsland; der Tourismus ist von herausragender wirtschaftlicher Bedeutung für das Land und die Kommunen – insbesondere auch im ländlichen Raum. Aber auch in den Städten sind Ferienwohnungen ein wichtiger Baustein, der zum Erfolg eines Tourismusstandorts beiträgt. Dabei nehmen nicht-gewerbliche private Vermieter einen besonderen Stellenwert ein: Ein Großteil der Angebote auf dem Ferienhausmarkt werden durch Privatvermieter erbracht. Viele Urlauber schätzen diese familiäre Form der Unterbringung sehr. Sie gehört zu den beliebtesten Übernachtungsformen der Deutschen beim Urlaub im Inland und stellt ein wichtiges Kriterium für die Auswahl des Urlaubsortes dar. Gerade die Vielfalt auf dem Übernachtungsmarkt ist eine Stärke des Tourismusstandorts Deutschland.

Bedeutung des Ferienhausmarkts in Niedersachsen
Acht Milliarden Euro Umsatz werden auf dem gesamten deutschen Ferienhausmarkt pro Jahr erwirtschaftet. Auf dem touristischen Gesamtmarkt nehmen private und gewerbliche Ferienwohnungen und -häuser mit rund 100 Millionen Übernachtungen jährlich – davon mehr als 70 Mio. im nicht-gewerblichen Sektor – eine wichtige Rolle ein. Deutschlandweit werden 5,6 Milliarden Euro Bruttoumsatz im privaten und 2,4 Milliarden Euro im gewerblichen Ferienhausmarkt erzielt (Quelle: Der Ferienhausmarkt in Deutschland – Volumen und ökonomische Bedeutung. http://www.deutscher-ferienhausverband.de/studie-ferienhausmarkt-in-deuschland-2015/, Studie von FeWo-Direkt und dem Deutschen Ferienhausverband e.V.)

Dies gilt in besonderem Maße für Niedersachsen. Rund 33% aller Übernachtungen von Feriengästen im Land finden in einer Ferienimmobilie statt. Private Ferienimmobilien in Niedersachsen haben einen Anteil von 21% an allen touristischen Übernachtungen im Land. Das sind 10,7 Millionen Übernachtungen im Jahr. Hinzu kommen weitere 6,3 Millionen Übernachtungen in gewerblichen Ferienwohnungen. Damit nimmt Niedersachsen auf dem Markt privater Ferienimmobilien Platz 2 unter allen Bundesländern ein. Diese privatvermieteten Quartiere wurden bis dato nicht durch die amtliche Beherbergungsstatistik erfasst, die lediglich gewerbliche Anbieter zählt, die über mindestens zehn Betten verfügen.

Der private Ferienhausmarkt in Niedersachsen umfasst insgesamt 102.100 Betten mit rund 10,8 Millionen Übernachtungen jährlich. Die Urlaubsgäste geben durchschnittlich 79,80 Euro pro Tag am Urlaubsort für Unterkunft, Verpflegung, Einkäufe und Dienstleistungen im Bereich Freizeit, Kultur und Mobilität aus. In der Summe generiert allein der private Ferienhausmarkt in Niedersachsen rund 859,5 Mio. Euro Bruttoumsatz. Damit liegt Niedersachsen im Bundesvergleich ebenfalls auf Rang 2.

Ausreichend Handlungsspielraum für Kommunen
Mit der Änderung der Baunutzungsverordnung wird sichergestellt, dass die Kommunen weitreichende Entscheidungshoheit bei der Ausgestaltung von Planungsgebieten und damit auch dem Angebot von Ferienwohnungen haben. Anträge auf Nutzungsänderung unterliegen dem Genehmigungsvorbehalt der Kommune. Auch in Bezug auf Zweitwohnungen hat die 2017 verabschiedete Baurechtsnovelle eine entscheidende Verbesserung gebracht: Mit der Neuregelung zum Bruchteilseigentum wurde eine Gesetzeslücke geschlossen, die unter anderem auf Sylt und anderen Nordseeinseln zu Problemen geführt hat.

Ausgleich der Interessen suchen – Verhältnismäßigkeit prüfen
In Niedersachsen ist es das einvernehmliche Miteinander von Ferien- und Dauerwohnen in Tourismusorten seit Jahrzehnten gelebte Wirklichkeit. In der Regel verläuft dies konfliktfrei bzw. lassen sich Konflikte auf Grundlage bestehender Gesetze lösen. Aus unserer Sicht ist es wichtig, zwischen den konkurrierenden Bedürfnissen und Wünschen der unterschiedlichen Interessengruppen einen Kompromiss zu finden. Ohne Frage ist der Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum ein wichtiges Interesse. Dem entgegen steht der nicht minder valide, verfassungsrechtlich garantierte Wunsch, über das eigene Eigentum frei zu verfügen und beispielsweise mit der Nutzung seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. In vielen Tourismusorten ist es üblich, dass Privatleute einen Teil ihrer Immobilie zur Kurzzeitvermietung an Touristen nutzen. Die touristische Vermietung stellt einen bedeutenden wirtschaftlichen Faktor für Einwohner und Kommunen dar. Für viele Neubauvorhaben privater Immobilien sind Einkünfte aus touristischer Vermietung ein entscheidender Aspekt für die Finanzierung. Und auch als Beitrag zum Lebensunterhalt oder als Altersvorsorge haben Ferienimmobilien einen hohen Stellenwert.

Zweckentfremdungsverbote bieten keine befriedigende Lösung
Es steht außer Frage, dass die Lage auf den Wohnungsmarkt auf den Ostfriesischen Inseln und in Tourismusorten entlang der Küste angespannt ist. Einheimische und Saisonarbeiter haben große Schwierigkeiten, bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Dennoch gilt es, auch die positiven Seiten des Ferienhaustourismus zu sehen. Gerade für private Bauvorhaben sind zusätzliche Einnahmen durch die Vermietung von Ferienwohnungen in der eigenen Immobilie ein wichtiger Faktor. Ohne diese ist es für viele Privatleute kaum möglich, angesichts hoher Grundstückspreise und Baukosten ihr Bauvorhaben zu finanzieren. Es gilt, einen maßvollen Kompromiss zu finden. Das gilt insbesondere für bereits bestehende Ferienwohnungen. Ein umfassender Bestandsschutz hilft, Existenzen zu erhalten. Auch in Städten sind Zweckentfremdungsverboten nicht das beste Mittel, um Wohnungsnot in den Griff zu bekommen. Eine Studie der NBank prognostiziert für ganz Niedersachsen einen Gesamtbedarf an neuen Wohnungen bis 2020 von rund 161.000 Wohnungen. Durch Neubau werden nur 128.000 Wohnungen bis 2020 dem Wohnungsmarkt zufließen. Für die Stadt Hannover wird ein Neubedarf von rund 24.000 Wohnungen genannt, aber lediglich 4100 Wohnungen werden bis 2020 neu entstehen. Das deckt gerade ein Sechstel des Bedarfs. An aller erster Stelle muss also der Neubau stehen, um die drängenden Probleme zu lösen.Erfahrungen in Städten mit Zweckentfremdungsverboten haben bislang ergeben, dass die Zahl der rückgeführten Wohnungen vergleichsweise gering ist . Es stellt sich die Frage, ob der zu erwartende geringe positive Effekt es verhältnismäßig erscheinen lässt, die Nutzung von Wohnungen als Feriendomizil zu verbieten oder erheblich einzuschränken.
Insbesondere der private Markt sollte nicht überreguliert werden, denn dieser ist in besonderem Maße anfällig für Auflagen und Restriktionen.

Bestandsschutz sichern, neue Projekte zulassen
Die Vermietung einer Ferienwohnung ist für viele Menschen ein wichtiger Neben- oder gar Haupterwerb. Angesichts steigender Immobilien- und Mietpreise kann die Vermietung an Feriengäste eine wichtige Einnahmequelle darstellen und als Sicherheit für die Finanzierung der eigenen Immobilie dienen. Fallen diese Einnahmen weg, kann das für die Betroffenen gravierenden Folgen haben. Für manche bedeutet das, sich selbst kein Wohneigentum leisten zu können oder längere Arbeitswege in Kauf zu nehmen, weil eine Wohnung nahe der Arbeitsstelle nicht finanzierbar ist. Aus diesem Grund halten wir es für wichtig, zukünftigen Projekten positiv gegenüberzustehen und eine Nutzung als Ferienwohnung nicht kategorisch auszuschließen, sondern die individuellen Umstände zu prüfen und abzuwägen.

Nicht zuletzt ist das Eigentum ein verfassungsrechtlich geschütztes Gut, ebenso wie die Freiheit der Berufswahl. Auch das Berliner Oberverwaltungsgericht hat kürzlich geurteilt, dass ein fehlender Bestandsschutz unverhältnismäßig in die Grundrechte der Eigentümer und Vermieter von Ferienwohnungen eingreift.
Der Gesetzentwurf sollte um eine Formulierung ergänzt werden, die Bestandsschutz gewährleistet.

Nutzung der Zweitwohnung als Ferienwohnung zulassen
Der Gesetzentwurf sieht keine Ausnahmeregelung für Zweitwohnungen vor. Aus unserer Sicht sollte es keine Beschränkung für die Vermietung einer selbst genutzten Zweitwohnung geben. Zweitwohnungen werden von ihren Mietern/Eigentümern nur eine begrenzte Zeit im Jahr selbst genutzt. Der Wohnungsmarkt profitiert nicht davon, wenn diese Wohnungen nicht oder nur eingeschränkt an Kurzzeitgäste vermietet werden können. Auch ohne diese Einschränkung stehen Zweitwohnungen nicht dem Wohnungsmarkt zur Verfügung. Dies entspricht auch der gegenwärtigen Rechtsprechung: Laut Urteilen des Berliner Verwaltungsgerichts aus dem letzten Jahr , ist eine solche Beschränkung als unverhältnismäßig anzusehen. Die Vermietung von Zeitwohnungen als Ferienwohnung wirkt sich explizit nicht auf den Wohnungsmarkt aus. Wir schlagen daher vor, einen Passus aufzunehmen, selbst genutzte Zweitwohnungen vom Geltungsbereich des Gesetzes auszuschließen.

Ferienwohnungen beliebt bei Familien – Neue Zielgruppen erschließen
Der Urlaub in einer Ferienwohnung – auch in Städten – ist insbesondere bei Familien beliebt. Diese finden in einer Ferienwohnung für sie optimale Verhältnisse, die sich in einem Hotelbetrieb häufig nicht oder nur zu einem erheblich höheren Preis umsetzen lassen. Für Familien ist es wichtig, dass Eltern und Kinder zwar getrennte Zimmer haben, aber doch wie zuhause in einer Wohneinheit untergebracht sind. Die höhere Flexibilität und Individualität z.B. bei Mahlzeiten ist für viele Familien ein weiteres wichtiges Argument für einen Ferienwohnungsurlaub. Familien schätzen zudem die gemeinsame Zeit, die sie in einer Ferienwohnung miteinander verbringen, als Qualitätszeit ein. Das Familienleben kommt alltags häufig zu kurz; im Urlaub genießt man die gemeinsame Zeit, die intensiv erfahren wird und den Familienzusammenhalt stärkt. Das gilt insbesondere für gemeinsame Mahlzeiten, Gespräche und Spiele, aber selbst Alltagspflichten werden im Ferienhausurlaub als familiäre Qualitätszeit wahrgenommen .Nicht zuletzt boomt die Nachfrage nach Ferienwohnungen auch für Städtereisende, die die private Atmosphäre einer Ferienwohnung – Wohnen wie die Menschen vor Ort – zu schätzen wissen. Durch Ferienwohnungen lassen sich neue touristische Zielgruppen erschließen.

Unser Fazit
Eine der größten Stärken des Deutschlandtourismus ist seine Vielfalt. Urlauber finden hier einen ganzen Strauß an unterschiedlichen Angeboten, um ihre individuellen Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen. Wir halten es für wichtig, diese Vielfalt zu erhalten. Ferienwohnungen stellen einen wichtigen Baustein dieser Vielfalt dar und sind ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor. Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere Anmerkungen bei der weiteren Beratung des Gesetzentwurfs berücksichtigen. Gerne stehen wir Ihnen auch für weitere Gespräche zur Verfügung.

Über den Deutschen Ferienhausverband e. V.
Der Deutsche Ferienhausverband mit Sitz in Berlin wurde im Dezember 2013 gegründet und ist mit 17 Mitgliedern Deutschlands größter Branchenverband im Ferienhaussegment. Ziel des Verbands ist es, die Interessen der Ferienimmobilienbranche gegenüber Wirtschaft und Politik zu vertreten und Urlaubern durch die Entwicklung einheitlicher Qualitätsstandards Hilfestellung bei der Online-Buchung von Feriendomizilen an die Hand zu geben.
Weitere Informationen unter www.deutscher-ferienhausverband.de

Über FeWo-direkt
FeWo-direkt ist Deutschlands Nummer 1 in der Online-Ferienhausvermietung und eine 100-prozentige Tochter des weltweiten Marktführers HomeAway, Inc. (www.homeaway.com). Unter der Dachmarke HomeAway sind die führenden Ferienhausportale in Europa, Australien und Amerika vereint. Damit bildet die HomeAway-Familie ein globales Netzwerk für private Ferienhausvermieter und Urlauber. Mehr als zwei Millionen einzigartige Unterkünfte in 190 Ländern stehen im HomeAway-Netzwerk weltweit zur Auswahl. Weitere Infos unter www.fewo-direkt.de

Quellen: 

Der Ferienhausmarkt in Deutschland – Volumen und ökonomische Bedeutung. http://www.deutscher-ferienhausverband.de/studie-ferienhausmarkt-in-deuschland-2015/, Studie von FeWo-Direkt und dem Deutschen Ferienhausverband e.V.

Studie der NBank Städte und Gemeinden in Niedersachsen Wohnungsneubau und Wohnungsbedarf, 2015 https://www.nbank.de/medien/nb-media/Downloads/Publikationen/Wohnungsmarktbeobachtung/Artikel-und-Aufs%C3%A4tze/151019_Bedarfsdeckung_2020_NDS.pdf

Siehe dazu auch Antwort auf eine Kleine Anfrage zum Wohnraumschutzgesetz in Hamburg http://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/49157/gut-zwei-jahre-versch%C3%A4rftes-wohnraumschutzgesetz-%E2%80%93-wo-bleiben-die-verbesserungen-auf-dem-wohnungsmarkt-.pdf

Urteile 6. Kammer des VG Berlin vom 9. August 2016 – VG 6 K 91.16, VG 6 K 151 und VG 6 K 153.16

FeWo-direkt Familienstudie. Diese  wurde im Rahmen der „12. Deutschen Ferienhaus-Urlaubsanalyse“ von der dwif Consulting GmbH durchgeführt. Im Dezember 2016 wurden 5.250 Urlauber zu Themen wie Reisezielen, Reisezeit, Ausgaben und Qualität der Unterkünfte sowie im Hinblick auf ihre Erfahrungen, Einstellungen und Wünsche befragt. Darüber hinaus wurde untersucht, ob und wie sich ein Ferienhausurlaub auf das Familienleben und den Zusammenhalt in der Familie im Vergleich zum Alltag und zu anderen Unterkunftsformen auswirkt.

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