Berlin, den 10. Januar 2019

Schriftliche Stellungnahme zum Antrag der Fraktion der SPD „Zweckentfremdung von Wohnraum in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf bekämpfen: Das Wohnungsaufsichtsgesetz bedarfsgerecht fortentwickeln“ Drucksache 17/3596
Anhörung des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen am 18.Januar 2019

Der Deutsche Ferienhausverband vertritt als größter Branchenverband die Interessen der Ferienimmobilienbranche in Deutschland. Wir danken an dieser Stelle sehr herzlich für die Einladung, zu dem vorliegenden Antrag Stellung nehmen zu dürfen.

Unsere Position im Kurzüberblick:

  • Ferienwohnungen als Teil des Tourismus leisten einen wichtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Mehrwert.
  • Die meisten Anbieter auf dem Ferienwohnungsmarkt sind Privatvermieter, für die die Einkünfte aus der Vermietung an Touristen eine wichtige Rolle spielen.
  •  Es gibt bereits weitreichenden Handlungsspielraum für die Kommunen, unerwünschte Entwicklungen zu regulieren.
  • Zweckentfremdungsverbote stellen einen gravierenden Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte auf Eigentum und Berufsfreiheit dar.
  • Zugleich sind die positiven Effekte von Zweckentfremdungsverboten beschränkt.
  • Eine Regulierung trifft kleine und mittelständische Unternehmer überproportional.

Bedeutung des Ferienwohnungsmarkts in Nordrhein-Westfalen

Das Land Nordrhein-Westfalen ist ein dynamisches Land, geprägt von großen Städten und Industriestandorten, aber ebenso von ländlichen Regionen. Hier wie dort ist der Tourismus von signifikanter wirtschaftlicher Bedeutung und bietet Zukunftschancen für ein sich wandelndes Nordrhein-Westfalen. Gerade die Vielfalt auf dem Übernachtungsmarkt ist eine Stärke des Tourismusstandorts Deutschland. Die Vermietung von Ferienwohnungen und -häusern ist eine wichtige Facette auf dem Übernachtungsmarkt, Ferienwohnungen gehören zu den beliebtesten Übernachtungsformen der Deutschen beim Urlaub im Inland. Sie stellen ein wichtiges Kriterium für die Auswahl des Urlaubsortes dar, spielen aber auch im Städtetourismus eine wichtige Rolle. Insbesondere Familien schätzen Ferienwohnungen und -häuser sehr, weil diese ihren besonderen Bedürfnissen gerecht werden, eine hohe Flexibilität bieten und dabei dennoch erschwinglich bleiben. Somit erfüllen Ferienwohnungen auch eine soziale Komponente.

Dabei nehmen private Vermieter einen besonderen Stellenwert auf dem Ferienwohnungsmarkt ein, denn ein Großteil der Angebote auf dem Ferienhausmarkt – immerhin 70 % des Gesamtmarkts – werden durch Privatvermieter erbracht.
Laut einer Studie des Internetportals Fewo-Direkt und des Deutschen Ferienhausverbands werden pro Jahr acht Milliarden Euro Umsatz auf dem deutschen Ferienhausmarkt erwirtschaftet. Private und gewerbliche Ferienwohnungen und -häuser nehmen mit rund 100 Millionen Übernachtungen jährlich – davon mehr als 70 Mio. im nicht-gewerblichen Sektor – eine wichtige Rolle auf dem Beherbergungsmarkt in Deutschland ein.

Der Anteil von Übernachtungen in privaten Ferienwohnungen in Nordrhein-Westfalen liegt bei rund 4,4 Millionen Übernachtungen. Das ergibt einen Anteil von 8% am Gesamtübernachtungsmarkt Urlaubsgäste in privaten Ferienunterkünften in Nordrhein-Westfalen geben durchschnittlich 68,80 Euro pro Tag am Urlaubsort für Unterkunft, Verpflegung, Einkäufe und Dienstleistungen im Bereich aus Freizeit, Kultur und Mobilität aus. Daraus generiert der private Ferienhausmarkt im Land 302,2 Millionen Euro Bruttoumsatz pro Jahr. Die Feriengäste beleben aber nicht nur die örtliche Wirtschaft: Zugleich können auch Anwohner vom Verkehrs- und Freizeitangebot für die Feriengäste profitieren.

Chancen des Ferienhaustourismus

Deutsche reisen gerne, zugleich wächst Deutschland als beliebte Urlaubsdestination – bei Einheimischen wie bei ausländischen Gästen. In Städten wie in strukturschwachen Regionen schafft der Tourismus Arbeitsplätze und kann für eine Verbesserung der Infrastruktur sorgen, sodass auch Einheimische profitieren, die selbst nicht am Tourismus partizipieren. Tourismus bietet viele Chancen für klein- und mittelständische Unternehmen und bietet einen niedrigschwelligen Einstieg, beispielsweise durch die Vermietung von Ferienwohnungen unternehmerisch tätig zu werden. Tourismus ist mit seiner zunehmenden Ausrichtung auf digitale Märkte ein wichtiger Zukunftsmarkt. Dabei liegt die Stärke des Deutschland-Tourismus in seiner Vielfalt. Für nahezu alle Ansprüche und Wünsche findet sich ein geeignetes Angebot.
Dem Tourismus kommt neben dem wirtschaftspolitischen Stellenwert auch gesellschaftspolitisch eine hohe Bedeutung zu, denn er wirkt völkerverbindend und baut gegenseitiges Verständnis und Toleranz auf.

Auswirkungen von Ferienwohnungen auf den Wohnungsmarkt

Dass es insbesondere in den Städten Probleme auf dem Wohnungsmarkt gibt, ist unbestritten. Insofern ist es nachvollziehbar, wenn die Politik hier regulierend eingreifen möchte. Wir geben aber zu bedenken, dass eine politische Maßnahme nur dann sinnvoll sein kann, wenn sich daraus ein signifikanter Effekt ergibt.
Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum resultiert vor allem aus dem starken Zuzug in attraktive Regionen und mangelnder Bautätigkeit. Um diese Problematik wirksam zu bekämpfen, müssen vor allem neue Wohnungen entstehen. In den meisten Kommunen, die von Wohnungsmangel betroffen sind, liegt der Anteil der Ferienwohnungen am Gesamtbestand bei unter 1%. Demzufolge könnte selbst ein Totalverbot kaum zu einer signifikanten Entlastung auf dem Mietmarkt führen. Eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums „Sharing Economy im Wirtschaftraum Deutschland“ aus dem vergangenen Jahr ist ebenfalls zu der Überzeugung gekommen, dass die Nutzung von Privatwohnungen als Feriendomizil keine flächendeckenden signifikanten Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt einer Kommune haben.

Weitreichender Handlungsspielraum für Kommunen

Vor allem in Tourismusorten ist das einvernehmliche Miteinander von Ferien- und Dauerwohnen seit Jahrzehnten gelebte Wirklichkeit. In der Regel verläuft dies konfliktfrei bzw. lassen sich Konflikte auf Grundlage bestehender Gesetze lösen.
Die bestehenden rechtlichen Regelungen in Baugesetzbuch und Baunutzungsverordnung geben den Kommunen bereits ein Instrumentarium an die Hand, um unerwünschte Entwicklungen zu regulieren oder zu unterbinden, beispielsweise durch an die jeweiligen lokalen Gegebenheiten und Herausforderungen angepasste Bebauungspläne oder die Regulierung von Bruchteilseigentum und Nebenwohnungen.

Bestandsschutz wahren – legale Angebote dürfen nicht unmöglich gemacht werden

Der Antrag der SPD-Fraktion nennt das Berliner Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – (ZwVbG) als Vorbild und fordert eine Weiterentwicklung der Gesetzgebung in Nordrhein-Westfalen in Anlehnung an dieses Gesetz.
Das Berliner Gesetz bezieht sich auf einen Stadtstaat. Es wird der deutlich unterschied¬licheren Gemengelage in den Kommunen im Flächenland Nordrhein-Westfalen nicht gerecht. Wir haben es in Düsseldorf, Dortmund, Münster, Xanten, Köln oder Bad Münstereifel, mit höchst unterschiedlichen Voraussetzungen, Interessen und Bedürfnissen zu tun. Wohnraummangel und Leerstände sind regional sehr unterschiedlich. In Tourismusorten kommt Ferienwohnungen zudem eine hohe wirtschaftliche Bedeutung zu. Es steht zu befürchten, dass eine Anlehnung an das Berliner Gesetz dem nicht gerecht wird. Wir sehen das bereits in Berlin. Längst nicht in allen Bezirken herrscht akute Wohnungsnot. Dennoch unterliegen alle Bezirke der strikten Regulierung durch das Gesetz.

Berlin untersagt die Zweckentfremdung von Wohnraum als Ferienwohnung, duldet zugleich aber die Zweckentfremdung von Wohnraum durch andere Gewerbe, indem man diesen einen großzügigen Bestandsschutz eingeräumt hat. Wir begrüßen es, dass bestehendes Gewerbe erhalten bleiben soll, sehen hier allerdings die willkürliche Diskriminierung der Ferienwohnungsbranche, der dieses Recht nicht zugestanden wird. Wegen des fehlenden Bestandsschutz für Ferienwohnungen im Zweckentfremdungsgesetz ist derzeit eine Klage beim Bundesverfassungsgericht anhängig, über die Anfang 2019 entschieden werden soll.
Vor allem aber hat gerade die Berliner Regelung gezeigt, wie eine gesetzgeberische Maßnahme zwar stark in den Markt eingreift, dies aber dennoch nicht zu einer spürbaren Entlastung führt.

Der Senat von Berlin hat im Januar 2018 berichtet, dass seit Einführung des Zweckentfremdungsverbotes 2016 7.800 Wohnungen dem Wohnungsmarkt wieder zugeführt worden sind, davon 3.950 illegale Ferienwohnungen. Der Gesamtbestand der Berliner Wohnungen liegt bei 1.932.300 Millionen (Stand 2017). Demzufolge entspricht der Anteil der zurückgeführten Wohnungen gerade einmal 0,4 %, der der ehemaligen Ferienwohnungen bei 0,2 %.

Es liegen auch keine Erkenntnisse vor, in welchem Preissegment diese Wohnungen liegen, ob also in der Tat niedrigpreisiger Wohnraum zurück auf den Markt geflossen ist.
Entsprechend ist es auch keine Überraschung, dass sich bislang keine Entspannung bei den Berliner Mieten durch diese Maßnahme erzielen ließ. Sicher ist jeder Mieter froh, der auf diesem Weg eine neue Wohnung findet. Zugleich muss aber daran erinnert werden, dass das Zweckentfremdungsverbot mit einem massiven Eingriff in Eigentums- und Berufsfreiheit für die Betroffenen verbunden ist.

Registrierungspflicht

Wir verstehen das Anliegen, durch eine Registrierung transparent zu machen, welche Wohnungen in welchem Umfang als Feriendomizil genutzt werden. Eine Registrierung muss für die Betroffenen einfach, unbürokratisch, kostengünstig, schnell und online erfolgen. Wir geben allerdings zu bedenken, dass ein Wildwuchs an Registrierungsbedingungen die Arbeit insbesondere für kleine und mittelständische Anbieter erheblich erschwert und den Bürokratieaufwand erhöht. Auf den meisten Portalen finden sich Wohnungen aus unterschiedlichsten Kommunen, häufig länderübergreifend. Wenn jede Kommune eigene Regelungen für eine Registrierung schafft, ein unterschiedliches Format für Registriernummern wählt und unterschiedliche Bedingungen, unter denen die Registrierung erfolgt, so bedeutet dies für Anbieter und Portale einen erheblichen Mehraufwand, ihre Angebotsseiten entsprechend einzurichten und die einzelnen Anbieter korrekt zu informieren. Für kleine und mittelständische Unternehmer kann dieser zu einer enormen Belastung werden und der Wettbewerb wird zugunsten großer Anbieter mit größeren Ressourcen verzerrt.
Wir halten es außerdem für wichtig, dass Vertreter der Branche frühzeitig in den Prozess miteinbezogen werden, um mögliche technische und logistische Schwierigkeiten rechtzeitig zu adressieren.

Steuerehrlichkeit

Ein Großteil der Ferienwohnungen in Nordrhein-Westfalen wird von Privatleuten angeboten. Für viele stellt die Vermietung von Ferienwohnungen eine wichtige Einnahmequelle dar, als Haupt- oder Nebenerwerb, Beitrag zur Altersversorgung oder zur Finanzierung der eigenen Wohnimmobilie. Viele betreiben dieses Gewerbe seit langen Jahren und nutzen das Angebot der lokalen Tourismusinformationen, um ihre Immobilie anzubieten. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass diese Vermieter sich mehr als andere Branchen nicht an Recht und Gesetz halten und ihrer Steuerpflicht nachkommen. Die oben bereits erwähnte Studie des BMWi hat ebenfalls keinen Anhaltspunkt gegeben, dass Anbieter auf Plattformen der Sharing Economy verstärkt ihre Steuerpflichten unterlaufen.

Zweckentfremdungsverbote müssen sinn- und maßvoll sein

Dass ausreichend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung stehen muss, steht außer Frage. Anderseits darf das in Art. 14 GG Eigentumsrecht nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden. Ein Zweckentfremdungsverbot stellt in der Regel einen weitreichenden Eingriff in dieses Eigentumsrecht dar. Eine solche Maßnahme sollte deshalb nur dann ergriffen werden, wenn ein gravierender Wohnungsmangel besteht und die Zweckentfremdung von Wohnraum maßgeblich zu dieser Misere beiträgt. Ob dies der Fall ist, sollte faktenbasiert ermittelt und regelmäßig in angemessenen Abständen (nicht länger als 5 Jahre) überprüft werden. Ebenso sollte überprüft werden, ob ein Zweckentfremdungsgesetz signifikant zur Behebung des Missstandes beiträgt.

Den Lebenswirklichkeiten der Menschen gerecht werden

Unsere Welt ist mobiler geworden. Jobwechsel gehören für viele Arbeitnehmer mittlerweile ebenso dazu wie dienstliche Abwesenheiten – auch für längere Zeit. Dass Studierende ein oder mehrere Auslandssemester absolvieren, ist keine Seltenheit mehr. Greift ein Zweckentfremdungsverbot zu restriktiv ein, geht dies zu Lasten der Mieter, die durch solche Einschränkungen u.U. ihre bezahlbare Innenstadt-Wohnung bei mehrmonatiger Abwesenheit aufgeben müssen, weil sie die Zusatzkosten durch eine durchgängige Vermietung an Feriengäste nicht auffangen können.
Maßgabe sollte es sein, dass der Charakter einer Wohnung als Hauptwohnsitz beibehalten wird. Das ist der Fall, wenn diese entweder zu 50% oder für 183 Tage im Jahr als Wohnsitz genutzt wird.

Über den Deutschen Ferienhausverband e. V.

Der Deutsche Ferienhausverband mit Sitz in Berlin wurde im Dezember 2013 gegründet und ist mit 18 Mitgliedern Deutschlands größter Branchenverband im Ferienhaussegment. Ziel des Verbands ist es, die Interessen der Ferienimmobilienbranche gegenüber Wirtschaft und Politik zu vertreten und Urlaubern durch die Entwicklung einheitlicher Qualitätsstandards Hilfestellung bei der Online-Buchung von Feriendomizilen an die Hand zu geben.
Weitere Informationen unter www.deutscher-ferienhausverband.de

> Zum PDF: „Stellungnahme zur Anhörung über Zweckentfremdungsverbote in NRW“