Seit dem 1. Mai 2016 haben Ferienwohnungen in Berlin keinen Bestandsschutz mehr. Der Deutsche Ferienhausverband e. V. hat die wichtigsten Informationen und Einschätzungen zur Situation in Berlin zusammengefasst.

Situation durch das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz

Am 17. März 2016 wurde das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom Berliner Abgeordnetenhaus novelliert: http://gesetze.berlin.de/jportal/?quelle=jlink&query=WoZwEntfrG+BE&psml=bsbeprod.psml&max=true

Die Zweckentfremdung von Wohnraum kann laut Gesetz dann untersagt werden, wenn die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Ob dies der Fall ist, berlinweit oder in einzelnen Bezirken, entscheidet der Senat. Nach geltender Verordnung gilt das für ganz Berlin.

Gibt es Ausnahmen, die eine Nutzung von Ferienwohnungen auch nach dem 01. Mai 2016 erlauben?

Eine Genehmigung zur Nutzung als Ferienwohnung kann nur dann erfolgen, wenn schutzwürdige private Interessen das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen. Zu den schutzwürdigen privaten Interessen gehört die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz. Auch wenn in besonderen Ausnahmefällen durch die Schaffung von angemessenen Ersatzwohnraum der Wohnraumverlust ausgeglichen wird, kann eine Genehmigung erfolgen. Im Einzelfall wird sich häufig nur vor Gericht klären lassen, ob es sich um schutzwürdige private Interessen handelt.

Gibt es Ferienwohnungen, die Bestandsschutz haben?

Dauerhaften Bestandsschutz haben nur Ferienwohnungen, deren Vermieter eine behördliche Genehmigung vorliegen haben. Das dürfte eine geringe Zahl sein, da Ferienwohnungen vor dem 01. Mai 2014 nicht genehmigungspflichtig waren und Vermieter, im guten Glauben, diese auch weiterhin nicht zu bedürfen, in den seltensten Fällen eine Genehmigung beantragt haben. Ansonsten gibt es keinen Bestandsschutz für bestehende Ferienwohnungen.

Wie sieht es mit anderen Branchen aus, die Wohnraum zweckentfremden?

Für andere Branchen, die Wohnraum für ihre beruflichen Zwecke nutzen, gilt ein weitgehender Bestandsschutz. Dazu gehören z. B. Anwaltskanzleien oder Arztpraxen. Es ist zwar in der Regel nicht länger erlaubt, neuen Wohnraum umzuwandeln, aber die bereits zweckentfremdeten Wohnung dürfen als Praxis oder Kanzlei erhalten bleiben. Dieser Bestandsschutz gilt auch, wenn laut Nutzungsvertrag ein Nachfolger in den Mietvertrag eintritt.

Einschätzung des DFV: Gegen Freiberufler, die in Berlin und Hamburg jeweils geschätzte 40.000 Wohnungen belegen, wird nicht nur nicht vorgegangen, sie werden im Gesetz auch noch ausdrücklich privilegiert, da das Rückwirkungsverbot für sie voll gilt, für Ferienwohnungen aber nicht (Ausnahme die kleine Anzahl alter Genehmigungen). Der DFV ist nicht gegen die Nutzung von Wohnungen für Freiberufler, befürwortet aber eine Gleichbehandlung für Ferienwohnungsbesitzer.

Das Land Berlin selbst bietet mehr als 7.000 möblierte Apartments durch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Berlinovo zur Kurzzeitmiete an. Nach Aussage von Berlinovo an Menschen, die für einen vorübergehenden Zeitraum ihren Lebensmittelpunkt in Berlin haben. Berlinovo beruft sich darauf, dass gemäß §2, Absatz 2.2 des Gesetzes keine Zweckentfremdung vorliegt, wenn Räumlichkeiten zu anderen Zwecken als dem (Dauer-)Wohnen errichtet worden sind und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung auch entsprechend genutzt werden. Anderen privaten und gewerblichen Anbietern von möblierten Apartments und Wohnungen wird das verwehrt. Konsequenterweise dürfte es hier aus sozialen Gründen keine Ausnahme geben.

Die Frist zur Bearbeitung der Anträge, nach der eine Genehmigung automatisch als erteilt gilt, sofern der Antrag nicht binnen 14 Wochen nach Eingang bearbeitet ist, ist um zwei Jahre verlängert worden. Das ursprüngliche Stichdatum wurde vom 01. Mai 2016 auf den
01. Mai 2018 verlegt. Der Grund dafür liegt in der Befürchtung, dass die Verwaltung die erwartete Antragsflut nicht bewältigen kann.

Welche Folgen hat das Verbot für Vermieter von Ferienwohnungen?

Betroffen sind vor allem gewerbliche und private Vermieter, die seit Jahren Ferienwohnungen in Berlin anbieten, meist einvernehmlich mit den Nachbarn. Diese Vermieter zahlen Steuern, sorgen für Umsatz im Kiez, schaffen Arbeitsplätze. Ein Verbot gefährdet viele Anleger in ihrer wirtschaftlichen Existenz, weil sie entweder die Vermietung aufgeben oder aber erhebliche Einbußen hinnehmen müssen. Das kann z. B. zur Folge haben, dass die nötige Sicherheit für die Finanzierung der Immobilie nicht länger gegeben ist.

Um Verstöße zu ahnden, hat die Stadt Berlin eine Online-Meldemöglichkeit für zweckentfremdete Wohnungen eingerichtet. Dort können Bürger anonym verdächtige Wohnungen melden. http://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/zweckentfremdung_wohnraum/
Das Bußgeld bei Verstößen wurde von bis zu 50.000 auf bis zu 100.000 Euro erhöht.

Einschätzung des DFV: Der Deutsche Ferienhausverband lehnt Denunziantentum ab, da es negative Auswirkungen auf das Zusammenleben von Menschen hat und weitere Auseinandersetzungen schürt.

Was bedeutet das neue Gesetz für Ferienwohnungsportale?

Die bestehende Mitwirkungspflicht auf die Anbieter von Telemediendiensten wird ausgeweitet (gemäß § 1, Absatz 1, Satz 1, § 2, Satz 1, Nummer 1, TMG). Portale für die Vermietung von Ferienwohnungen werden im Verdachtsfall verpflichtet, Informationen herauszugeben. Widersetzt sich der Betreiber mehrfach dieser Verpflichtung, kann das zu Bußgeldern führen. Bereits das Anbieten von nicht genehmigten Wohnungen ist verboten. Das gilt ohne entsprechende Absicherung in den AGB auch für Portale und Vermittler. Portale und Vermittler von Ferienwohnungen sind demnach verpflichtet, rechtswidrige Angebote nach Kenntnisnahme unverzüglich zu entfernen.

Bei der Ahndung von Verstößen gibt es allerdings ein Ungleichgewicht zwischen Anbietern mit Sitz im In- und Ausland. bei ausländischen Anbietern ist insbesondere die Auskunftspflicht aufgrund der dort geltenden Datenschutzbestimmungen nicht oder nur schwer umsetzbar und damit die Verfolgung von Verstößen im Vergleich zu inländischen Anbietern erheblich erschwert. Damit wird für größere Anbieter ein Anreiz gesetzt, ihre Dependancen in Deutschland schließen und den Firmensitz nach Übersee zu verlegen. Arbeitsplätze gehen verloren und die deutsche Steuerbasis wird geschwächt.

Ist das Gesetz verfassungskonform?

Einschätzung des DFV: Das neue Gesetz ist nach Auffassung des DFV verfassungswidrig, weil es gegen Art. 12 GG (Berufsausübungsfreiheit) verstößt, soweit die Vermietung als gewerbliche Tätigkeit verstanden wird. Zudem verstößt eds gegen Art. 14 I GG, weil in die Grenzen des Eigentums ohne ausreichende Rechtfertigung eingegriffen wird. Art. 3 I GG ist ebenfalls betroffen: Die Pflicht der Portale, Kundendaten an die Behörde zu melden, verstößt gegen das BDSG.

Was bedeutet ein Verbot für den Tourismus?

Der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in Berlin. Einschränkungen passen nicht zum Image des vielfältigen, weltoffenen Berlin, mit dem die Stadt wirbt.
Der Ferienwohnungsmarkt ist eine Wachstumsbranche und steigert die Attraktivität einer Stadt. Besonders betroffen sind Familien. Denn für diese stellt eine Ferienwohnung oft die am besten auf ihre Bedürfnisse abgestimmte und zudem preisgünstige Übernachtungsmöglichkeit dar.

Welchen Anteil haben Ferienwohnungen am Berliner Wohnungsmarkt?

Nur 0,2 Prozent der 1,9 Millionen Berliner Wohnungen werden als Ferienwohnungen genutzt. Der Senat beziffert die Gesamtzahl an Ferienwohnungen in Berlin mit etwa 14.000 Wohnungen. Das sind Wohnungen, die ganzjährig oder zum großen Teil als Ferienwohnung genutzt werden. Davon sind 6.300 behördlich gemeldet. Selbst wenn diese in vollem Umfang dem Wohnungsmarkt zuflössen, stellt dies keine nachhaltige Lösung dar.

Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln aus dem Jahr 2015 fehlen in Berlin bis 2020 rund 20.000 Wohnungen pro Jahr. 2015 wurden allerdings lediglich 9.000 Neubauten errichtet. Bis 2026 sollen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften 80.000 neue Wohnungen bauen, davon sollen 30 Prozent zu sozial verträglichen Mieten angeboten werden. Das deckt den wachsenden Bedarf nicht im Mindesten.
In ganz Berlin fehlen Wohnungen im Niedrigpreissegment. Viele Ferienwohnungen verfügen aber über eine gehobene Ausstattung und eine gute Lage im Innenstadtbereich oder in Szenekiezen. Diese würden zu entsprechend höheren Mieten angeboten werden und dem sozialen Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Insbesondere im sozialen Wohnungsbau hat es in Berlin jahrzehntelang Versäumnisse gegeben. Maßnahmen, wie eine Erhöhung der Traufhöhe, werden nicht erwogen. Noch vor einigen Jahren hat man in Berlin Wohnungen abgerissen (Bürgerpark Marzahn, Abriss von 4.500 Wohnungen bis 2010), obwohl die wachsende Wohnungsnot bereits absehbar war.

Das Beispiel Hamburg hat gezeigt: Ehemalige Ferienwohnungen in Hamburg, die dem normalen Markt zurückgeführt wurden, gehen regelmäßig als möblierte Wohnungen an Firmen in der 6-24 Monate-Vermietung. Menschen mit geringeren Einnahmen, die ein Objekt für eine Kaltmiete von 300,- Euro netto anmieten wollen, gehen leer aus.

Was heißt ein Verbot von Ferienwohnungen für den Investitionsmarkt?

Baukosten steigen kontinuierlich durch steigende Grundstückspreise, aber auch durch wachsende Auflagen, z. B. durch die Energieeinsparverordnung. Eine Finanzierung durch die gemischte Nutzung von Mietwohnungen und Ferienwohnungen fördert die Investitionsbereitschaft und macht die Finanzierung eines Projekts oft erst möglich. Würde die Mischnutzung aller Wohnungen als Wohnung / Ferienwohnung erlaubt, wäre es für Investoren leichter, die aktuellen Baukosten von 3.080,- Euro pro qm inkl. Grundstück zu bezahlen. Die Folge: Es würde mehr neu gebaut werden.

Was wäre ein angemessener Lösungsansatz?

Es gibt derzeit kein Entgegenkommen des Senats. Die Folgen: eine Klagewelle, das wirtschaftliche Aus für viele Vermieter und ein geringeres Angebot von Ferienwohnungen, obgleich die Nachfrage wächst. Ein akzeptabler Kompromiss bestünde darin, auch die touristischen und wirtschaftlichen Interessen angemessen zu berücksichtigen. Existierenden Ferienwohnungen sollte Bestandsschutz zugesichert werden, so wie ihn auch Praxen und Kanzleien genießen. Eine gerechte Quotenregelung in den Bezirken sollte ebenso vereinbart werden, wie Eigentümern und Mietern das Recht einzuräumen, für einen begrenzten Zeitraum im Jahr ihre gesamte Wohnung an Touristen zu vermieten wollen. Der DFV favorisiert keine Regelung für Berlin wie in Hamburg, wonach man Teile der Wohnung für eine feste Anzahl Tage pro Jahr vermieten kann. Der Verband befürwortet eine Freigabe mit allen ihren positiven Folgen für den Tourismus und die Wohnungswirtschaft.

Ferienwohnungen in Berlin als Wirtschaftsfaktor

Zahlen und Fakten aus der Studie „Ferienhausmarkt in Deutschland: Volumen und ökonomische Bedeutung“ von FeWo-direkt und dem Deutschen Ferienhausverband belegen die wirtschaftliche Bedeutung des Berliner Ferienwohnungsmarkt.

Ferienhausmarkt-in-Berlin-FeWo-direkt-Studie

Studie zu den Angeboten der Sharing-Portale

Aktuell hat die GBI AG im April 2016 die Angebote auf Airbnb, Wimdu und 9Flats untersucht. Demnach nutzt jeder sechste Berlinbesucher eine Ferienwohnung. Insgesamt finden 6,1 Millionen Übernachtungen pro Jahr in einer Ferienwohnung statt. Die Studie geht von 14.000 Privatunterkünften und zusätzlich 10.000 Einzelzimmern in Wohnungen aus, die angeboten werden. Jeder sechste Berlinbesucher nutzt eine Ferienwohnung. Insgesamt finden 6,1 Millionen Übernachtungen im Jahr in einer Ferienwohnung statt. (Quelle: GBI April 2016). Die GBI geht von 14.000 Privatunterkünften aus, die angeboten werden, und zusätzlich von fast 10.000 Einzelzimmern in Ferienwohnungen. Nach Auffassung von GBI muss man diese sechs Millionen Übernachtungen den bereits in der Statistik berücksichtigten 30 Millionen Übernachtungen jährlich hinzurechnen. Inwieweit Duplikate der Angebote berücksichtigt wurden, ist nicht veröffentlicht.
Weitere Infos unter: http://www.gbi.ag/2016/04/etwa-jeder-elfte-staedtereisende-in-deutschland-schlaeft-bei-airbnb-co/

Autoren:

Michelle Schwefel   Geschäftsstellenleiterin   Deutscher Ferienhausverband   E-Mail: presse@deutscher-ferienhausverband.de   Tel.: 01 51 – 68 13 90 93

Pamela Premm   Presse- und Öffentlichkeitsarbeit   Tel.: 01 78 – 40 77 695