Stellungnahme des Deutschen Ferienhausverbands zum Vorschlag zu einer VERORDNUNG DES RATES zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 in Bezug auf die für das digitale Zeitalter erforderlichen Regelungen für die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ViDA)

Wir danken herzlich für die Möglichkeit, den Vorschlag der Kommission zu kommentieren.

> Die Stellungnahme kann hier als PDF heruntergeladen werden.

Der Deutsche Ferienhausverband unterstützt ausdrücklich Bemühungen der Kommission, mehr Steuertransparenz anzustreben und Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Die im Entwurf VAT in a Digital Age (ViDA) vorgesehene digitale Registrierung in einem Mitgliedsstaat, die für die gesamte EU gilt, und die Standardisierung der Meldepflichten stellen eine Vereinfachung für Unternehmen dar, die grenzüberschreitend Ferienwohnungen und -häuser anbieten und vermitteln.

Nichtsdestotrotz hegen wir erhebliche Bedenken gegen grundlegende Elemente des Entwurfs:

  1. ViDA sorgt für weitere bürokratische Lasten
  2. ViDA benachteiligt private Vermieter und kleine und mittelständische Unternehmen unverhältnismäßig
  3. ViDA sorgt mit dem Deemed Supplier Regime für neue Ungerechtigkeiten und Belastungen
  4. ViDA hebelt Ausnahmeregelungen für Kleinunternehmer aus
  5. ViDA diskriminiert einseitig einen Vertriebskanal
  6. ViDA verteuert Urlaub in Short Term Rentals (STR) in der EU und stellt eine zusätzliche Steuer auf Tourismusleistungen dar

1. ViDA sorgt für weitere bürokratische Lasten

ViDA sieht weitere umfassende Meldepflichten für Plattformen vor. Wie eingangs erwähnt, begrüßen wir eine bessere Transparenz auf dem Markt für Kurzzeitvermietungen. Allerdings sind in den Mitgliedsstaaten erst zum 01.01.2023 die nationale Umsetzung der DAC7-Richtlinie in Kraft getreten, die bereits umfassende und weitreichende Meldepflichten vorsieht, sowohl, was die Identität des Anbieters, die zu vermietende Immobilie, Transaktionen als auch die Höhe der Provisionen der Plattformen vorsieht.

Auch die Short Term Rental Initiative sieht weitere Meldepflichten vor, die für weitere Transparenz sorgen werden. Aus unserer Sicht wäre es sinnvoll, erst einmal abzuwarten, inwiefern die Umsetzung von DAC7 und der STR-Initiative zu der gewünschten Markttransparenz führt, statt neuerliche ggf. redundante Berichtspflichten durch eine neue Verordnung im Rahmen von ViDA aufzusatteln. Die bürokratische Belastung der Anbieter, Agenturen und Plattformen ist bereits hoch, zumal sich bei der Umsetzung von DAC7 auch noch viele Unklarheiten ergeben, da u.a. nicht zweifelsfrei geklärt ist, wer melden muss bzw. es durch die sehr breite Definition des Plattformbegriffs zu Doppel- und Mehrfachmeldungen ein und derselben Buchung entlang der Vermittlung von Ferienimmobilien üblichen Buchungsketten kommen wird. Auch die Maßgabe, dass Buchungen an Zeitpunkt der Buchung meldepflichtig sind, wird durch Buchungsänderungen und Stornierungen zu erheblichem Meldeaufwand führen.

Das gilt insbesondere auch deshalb, weil die Berichtspflicht auch viele kleine und mittelständische Unternehmen betrifft, die durch zusätzliche bürokratische Lasten unverhältnismäßig stark belastet werden. Es ist nicht auszuschließen, dass dies dazu führt, dass sich KMUs aus dem Markt zurückziehen, was zum Nachteil des Wettbewerbs und der Angebotsvielfalt geht. Für neue kleine und mittelständische Unternehmen werden hohe Hürden aufgebaut, sich auf dem Markt zu etablieren. Eine zusätzliche Hürde durch ViDA sollte nur dann erfolgen, wenn sich nach einer Evaluierung der Auswirkungen und des Effekts von DAC7 in den Mitgliedsstaaten noch Handlungsbedarf ergibt.

2. Das Modell des fiktiven Dienstleistungserbringers (Deemed Supplier Regime) benachteiligt Privatvermieter und kleine und mittelständische Unternehmen

Wird eine Ferienwohnung über eine Online-Plattform für STR angeboten, tritt das Deemed Supplier Regime (DSR) ein. Auf die Vermietung ist Umsatzsteuer zu zahlen, und zwar auch dann, wenn der Anbieter nach nationalem Recht nicht umsatzsteuerpflichtig ist bzw. seine Einnahmen unterhalb der Schwelle bleiben, bei der Umsatzsteuer gezahlt werden muss. Dies führt zu folgenden Ungerechtigkeiten:

  • Ob Umsatzsteuer erhoben wird, bestimmt sich nicht länger durch die Art der Leistung, die Art des Anbieters oder die Höhe des Umsatzes/Gewinns, sondern durch die Vertriebsform. Die gleiche Dienstleistung wäre damit über einen Vertriebskanal teurer als über andere, obwohl es sonst keinen Unterschied gibt. Die Neutralität der Vertriebskanäle wäre damit ausgehebelt.

Die Vermietung derselben Wohnung bliebe demzufolge ggf. umsatzsteuerfrei, wenn sie z. B. über eine eigene Webseite oder analog erfolgt, aber auch, wenn dies über eine Plattform wie Facebook, Instagram, Google oder Ebay-Kleinanzeigen erfolgt. Bei Online-STR-Vermittlungsplattform hingegen würde das Deemed Supplier Regime eintreten, Umsatzsteuer müsste gezahlt werden. Dies diskriminiert einen Vertriebsweg gegenüber anderen, obwohl andere Online-Plattformen wie Instagram ebenfalls eine große Reichweite erzeugen.

Ein Ferienhaus in Deutschland, das pro Nacht 100 € kostet, würde demnach über die eigene Webseite des Vermieters, eine Annonce auf Ebay-Marketplace oder Instagram oder bei analoger Vermittlung durch ein Reisebüro oder eine Tourismusinformation 100 € kosten. Wird dasselbe Haus über eine Online-Vermittlungsplattform für Ferienhäuser und -wohnungen gebucht, verteuert es sich auf 119 €, also um fast ein Fünftel.

Noch einmal: Obwohl es sich um denselben Anbieter, dieselbe Immobilie und dieselbe Dienstleistung handelt.

  • Für viele private Anbieter stellen die Einnahmen aus der STR-Vermietung eine unverzichtbare, essenzielle Nebeneinnahme dar. Etliche haben in eine Ferienimmobilie als Altersvorsorge investiert oder finanzieren damit den Kredit für ihr selbst bewohntes Eigenheim. Es ist mit sozialen Verwerfungen zu rechnen, sollten diese Anbieter überproportional belastet werden.
  • Es besteht zu befürchten, dass eine solche Regelung vor allem Kleinvermieter, die ansonsten aufgrund der geringfügigen Einnahmen von der Umsatzsteuer befreit sind, dazu bewegen könnte, Angebote vermehrt auf Plattformen wie Instagram, Google, Facebook oder Ebay-Marketplace anzubieten, um nicht steuerpflichtig zu werden. Dies stellt zum einen das Ziel, für größere Transparenz und Steuergerechtigkeit zu sorgen, infrage. Darüber hinaus ergeben sich aber weitere Probleme: Schon jetzt drohen Gatekeeper wie Google durch die unfaire Selbstbevorzugung, den Markt zum Kippen zu bringen. Diese Entwicklung könnte sich beschleunigen. Zusätzlich weisen diese Plattformen deutlich weniger Schutz vor Betrug als spezialisierte Plattformen. Eine solche Verlagerung des Angebots in den grauen Bereich wäre deshalb auch aus Verbraucherschutzgründen nicht wünschenswert.
  • Das Deemed Supplier setzt die fiskale Autonomie der Mitgliedstaaten außer Kraft. Die von den Mitgliedsstaaten vorgesehenen und gewünschten steuerlichen Ausnahmen für private Vermieter und Kleinstunternehmen können nicht angewendet werden, sobald das DSR zur Anwendung kommt.

3. Viele kleine und mittelständische Unternehmen würden unter das Deemed Supplier Regime fallen

  • Nach der vorgesehenen Definition würden tausende Ferienhaus-Agenturen in Deutschland unter das Deemed Supplier Regime fallen, weil sie die Geringfügigkeitsschwelle für die Berechnung von Umsatzsteuer im jeweiligen Mitgliedsstaat durch die über sie getätigten Buchungen überschreiten. Sie wären mithin verpflichtet, Umsatzsteuer für die von ihnen vermittelten Objekte einzuziehen und die Berichtspflichten zu erfüllen. Dies würde für diese Unternehmen nicht nur einen Wettbewerbsnachteil bedeuten, sondern auch zu unverhältnismäßigen bürokratischen Belastungen führen
  • In der STR-Initiative wird die Kurzzeitvermietung so definiert, dass es sich um die kurzfristige gewerbliche oder nicht-gewerbliche Vermietung einer Wohnung/eines Hauses gegen Entgelt handelt. Die nähere Definition erfolgt gemäß nationalem Recht.

ViDA wiederum gibt in Artikel 46 a die davon abweichende Definition, dass es sich bei STR um die ununterbrochene Vermietung von Unterkünften für maximal 45 Tage mit oder ohne Erbringung anderer Nebenleistungen handelt. Diese wird als mit dem Hotelgewerbe vergleichbare Leistung angesehen. Damit würde europaweit eine Tagesobergrenze für STR vorgegeben, auch dort, wo solche in nationalem Recht nicht existiert oder anders definiert wird.

Es steht zu befürchten, dass diese Festlegung dazu führt, dass eine größere Anzahl von Anbietern unter das Deemed Supplier Regime fallen würden, als ursprünglich von der Kommission beabsichtigt. Beispielsweise könnten auch kleine mehrwertsteuerbefreite Bed & Breakfasts, Pensionen oder Familienhotels, die auf STR-Plattformen angeboten werden, unter die ViDA-Definition von STR fallen.

4. Ausweitung der Umsatzsteuerpflicht auf private und gelegentliche Vermieter

  • Die Regelung hat Auswirkungen auf zigtausende private und Homesharer, die künftig umsatzsteuerpflichtig würden allein aufgrund des gewählten Vertriebsweges.
  • Die Verordnung nennt dabei als Grund, unfaire Wettbewerbsvorteile gegenüber Hotels abzubauen. Dabei wird aber nicht berücksichtigt, dass eine Ferienwohnung kein Hotel und ein privater Gastgeber kein Unternehmer ist. Es wird ungleiches verglichen. Ungleiches muss aber auch ungleich geregelt werden.
    • Ein Ferienhausvermieter bietet nicht die gleichen Dienstleistungen wie ein Hotel an (z.B. Rezeption, Frühstück, Fitnessraum, Restaurant etc.).
    • Eine private Ferienhausvermietung ist kein Unternehmen, das bedeutet auch, dass unternehmerische Privilegien wie z.B. Corona-Hilfen nicht in Anspruch genommen werden können.
    • Private Vermieter von Ferienwohnungen müssten gemäß des DSR zwar Umsatzsteuer entrichten, sind aber nicht selbst in der Lage, Umsatzsteuer geltend zu machen, da sie nicht gewerblich sind. Daraus ergäbe sich demnach im Gegenteil ein unfairer Vorteil für Hotels und andere gewerbliche Beherbergungsbetriebe

5. Urlaub in Ferienhaus oder Ferienwohnung würde sich signifikant verteuern

  • Die Regelung würde außerdem dazu führen, dass sich der Ferienhausurlaub bei Buchung über spezialisierte Vermittlungsplattformen signifikant verteuert. Eine solche Belastung würde die Erholung der Tourismuswirtschaft nach Pandemie und inmitten hoher Inflation erschweren. Dies wiederum hätte negative Auswirkungen auf die gesamte touristische Wertschöpfungskette und nicht zuletzt auch die Steuereinnahmen von Tourismuskommunen. Dies würde insbesondere den strukturschwachen ländlichen Raum betreffen, wo Ferienhäuser und -wohnungen bevorzugt zu finden sind und einen wichtigen Wirtschafts- und Jobmotor darstellen.
  • In Anbetracht dessen, dass Familien mit Kindern zu der wichtigsten Zielgruppe von Ferienhausurlaub zählen, da dieser kostengünstig und auf die besonderen Bedürfnisse von Familien zugeschnitten ist, wäre eine solche Verteuerung auch angesichts der ohnedies durch die Inflation gestiegenen Kosten von Reisen sozial nicht wünschenswert.

6. ViDA stellt eine zusätzliche Steuer auf den Tourismus dar und sorgt für Ungerechtigkeiten

  • ViDA kommt einer zusätzliche Steuer auf den Tourismus gleich, wodurch Reisen in der EU teurer würden. Private Gastgeber befinden sich nicht nur in touristischen Hotspots, sondern vor allem auch im strukturschwachen Raum, wo es keine oder nur wenige Hotels gibt. Sie tragen zu einem nachhaltigen Tourismus bei, indem sie Reisen zu weniger frequentierten Orten fördern und bringen Wirtschaftskraft in strukturschwache Regionen. Eine Verteuerung würde sich in sinkenden Einnahmen und damit auch Steuereinnahmen niederschlagen, da Reisende ihre Aufenthalte ggf. verkürzen würden oder ganz ausweichen.
  • Nach ViDA müsste künftig die Umsatzsteuer auf Dienstleistungen wie die Vermittlungsgebühren der Plattformen, in dem Land entrichtet werden, in dem das Objekt liegt und nicht wie bislang – gemäß ESS -, dort, wo die Reise gebucht wird. Dies stellt eine enorme Umschichtung der Steuereinnahmen dar, zum Nachteil von Ländern, die einen bedeutenden Outgoing-Reisemarkt haben.
  • Bei Reisenden aus Drittstaaten würde die Umsatzsteuer dort, wo gebucht wurde und zusätzlich im Mitgliedsstaat, wo die Leistung erbracht wird, fällig werden, es käme also zu einer Doppelbesteuerung, weil die Kurzzeitvermietung grundsätzlich von TOMS ausgeschlossen werden soll. Dies würde Ferienhausbuchungen aus Drittstaaten erheblich verteuern und unattraktiver machen. Eine schlüssige Begründung dafür gibt es nicht. Statt also für mehr Fairness zu sorgen, werden Anbieter von Ferienwohnungen und -häusern im Vergleich zu Hotels schlechter gestellt.

Empfehlungen:
Anbetracht des oben Gesagten bitten wir die Kommission nachdrücklich, das Deemed Supplier Regime nicht wie im Entwurf vorgesehen umzusetzen.

Es empfiehlt sich, vielmehr abzuwarten, bis eine Evaluierung der Wirksamkeit von DAC 7 in den Mitgliedsstaaten erfolgt ist und dann basierend auf diesem Ergebnis zu evaluieren, ob und in welchem Umfang eine solche Regulierung noch vonnöten ist.